Wettbe­werbs­recht: Irreführung durch Verwenden des TM-Symbols für “Unregis­tered Trademark”

Leitsatz

1. Der angespro­chene deutsch­spra­chige Verkehr wird, soweit ihm das TM-Symbol für “Unregis­tered Trademark” bekannt ist, die Verwendung dieses Symbols in Deutschland nahe liegend dahin verstehen, dass insoweit eine Marken­ein­tragung beantragt worden ist.

2. Soweit Teile des angespro­chenen Verkehrs einem Missver­ständnis (insbe­sondere Gleich­setzung mit dem Symbol “R im Kreis”) unter­liegen, kann — wenn tatsächlich ein Marken­ein­tra­gungs­ver­fahren (mit einem einschlä­gigen Schutz­be­reich) anhängig ist — dies der Annahme einer wettbe­werbs­recht­lichen Irreführung im Rahmen einer Inter­es­sen­ab­wägung entgegenstehen.

Tenor

  1. Die sofortige Beschwerde der Antrag­stel­lerin gegen die Teilzu­rück­weisung in Ziffer 2 des Beschlusses der Zivil­kammer 15 des Landge­richts Berlin vom 23. April 2013 — 15 O 188/13 — wird zurückgewiesen.
  2. Die Antrag­stel­lerin hat die Kosten des Beschwer­de­ver­fahrens zu tragen.
  3. Der Wert des Beschwer­de­ver­fahrens beträgt bis 10.000 €.

Gründe

I. Die gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antrag­stel­lerin ist nicht begründet, §§ 935, 940 ZPO.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landge­richt einen Unter­las­sungs­an­spruch hinsichtlich des im deutsch­spra­chigen Inter­net­auf­tritt der Antrags­geg­nerin verwendeten™-Zusatzes bei dem Slogan “Claim Your Right™” (in der Antrags­schrift gestellter Verfü­gungs­antrag zu Ziff. 2) verneint, § 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 UWG.

1. Ein kleines hochge­stelltes “TM” ist im anglo­ame­ri­ka­ni­schen Rechts­kreis das Symbol für “Unregis­tered Trademark”. In diesem Rechts­kreis ist dies der Fachbe­griff für eine (noch) unregis­trierte Waren­marke. Im anglo­ame­ri­ka­ni­schen Rechts­kreis bewirkt das Symbol einen erhöhten Rechts­status (vergleiche Wikipedia.org “Unregis­tered Trade Mark”). Insoweit unter­scheidet sich das TM-Symbol gerade von dem Symbol “R im Kreis” als Symbol im anglo­ame­ri­ka­ni­schen Rechts­kreis für eine einge­tragene Marke (zum Symbol “R im Kreis” und eine wettbe­werbs­recht­liche Irreführung vergleiche BGH, GRUR 2009, 888, TZ. 15 — Thermoroll; GRUR 1990, 364, juris Rn. 34ff — Baelz; Senat, MarkenR 2003, 360, juris Rn. 102; OLG Düsseldorf, NJW-Wettbr 1997, 5, juris Rn. 27; OLG Stuttgart, WRP 1994, 136, juris Rn. 13; das Symbol “R im Kreis” weitgehend gleich­setzend mit dem TM-Symbol: Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Auflage, § 5 Rn. 5.122).

Der vom Inter­net­auf­tritt der Antrags­geg­nerin angespro­chene deutsch­spra­chige Verkehr, soweit ihm das TM-Symbol bekannt ist, wird die Verwendung dieses Symbols in Deutschland nahe liegend dahin verstehen, dass die Antrags­geg­nerin insoweit eine Marken­ein­tragung beantragt hat. Dies trifft vorliegend auch zu. Ausweislich des von der Antrag­stel­lerin vorge­legten vorpro­zes­sualen Schrift­wechsels verwendete die Antrags­geg­nerin die hier streit­ge­gen­ständ­liche Aussage mit dem TM-Symbol während der Zeit, in der sie eine entspre­chende europäische Marken­an­meldung (mit einem auch hier einschlä­gigen Schutz­be­reich) betrieben hatte. Deshalb scheidet eine Irreführung dieses Teils des angespro­chenen Verkehrs, der den objektiv richtigen Aussa­ge­gehalt erkennt, von vornherein aus.

2. Wenn die Antrag­stel­lerin vorliegend maßgeblich darauf abgestellt, der angespro­chene Verkehr in Deutschland kenne die konkrete recht­liche Bedeutung des TM-Symbols nicht, er verstehe dies als Hinweis auf eine Trademark, also auf eine einge­tragene Marke und damit als Synonym zum Symbol “R im Kreis”, so führt dies vorliegend ebenfalls nicht zu einem Erfolg der Antragstellerin.

a) Zwar kann auch eine objektiv richtige Angabe irreführend sein, wenn sie beim Verkehr, an den sie sich richtet, gleichwohl zu einer Fehlvor­stellung führt, die geeignet ist, das Kaufver­halten oder die Entscheidung über die Inanspruch­nahme einer Dienst­leistung durch die angespro­chenen Verkehrs­kreise zu beein­flussen. In einem solchen Fall, in dem die Täuschung des Verkehrs lediglich auf dem Verständnis einer an sich zutref­fenden Angabe beruht, ist für die Anwendung des § 5 grund­sätzlich eine höhere Irrefüh­rungs­quote als im Fall einer Täuschung mit objektiv unrich­tigen Angaben erfor­derlich. Außerdem ist eine Inter­es­sen­ab­wägung vorzu­nehmen (BGH, GRUR 2013, 409, TZ. 29 — Steuerbüro; GRUR 1996, 985, 986 — PVC-frei; GRUR 2003, 628, 630 — Kloster­brauerei). An diesen Grund­sätzen hat sich durch die Richt­linie 2005/29/EG über unlautere Geschäfts­prak­tiken nichts geändert (BGH, a.a.O., Steuerbüro, TZ. 29; GRUR 2010, 1024, TZ. 25 — Master of Science Kiefer­or­tho­pädie; GRUR 2012, 1273, TZ. 22 — Stadt­werke Wolfsburg).

b) Vorliegend wird ein sehr großer Teil der angespro­chenen Verbraucher das TM-Symbol in seiner Bedeutung gar nicht verstehen und dies nicht näher zur Kenntnis nehmen. Für das Verständnis des Inter­net­auf­tritts der Antrags­geg­nerin ist dieses Symbol im Zusam­menhang mit dem Slogan auch erkennbar ohne nähere Bedeutung.

c) Soweit den angespro­chenen Verbrau­chern das Symbol “R im Kreis” als Hinweis auf eine einge­tragene Marke bekannt ist, werden sie das vorlie­gende TM-Symbol davon unter­scheiden und gerade nicht von einer bereits einge­tra­genen Marke ausgehen.

d) Es verbleibt damit nur ein sehr kleiner Kreis von angespro­chenen Verbrau­chern, die die Unter­schiede zwischen den beiden Symbolen nicht erkennen, im Hinblick auf die Hochstellung des Symbols hinter einem Wort und unklaren Erinne­rungen an das Symbol “R im Kreis” von einer einge­tra­genen, jeden­falls aber einer in Deutschland bereits geschützten Marke ausgehen.

Die Werbe­wirkung der Angabe, der Werbende verfüge über einen marken­rechtlich geschützten Slogan, ist aller­dings nur gering. Damit ist ein dahin­ge­hender Irrtum auch nur in einem geringen Maß geeignet, das geschäft­liche Verhalten dieses Teils der angespro­chenen Verbraucher zu beeinflussen.

Im Rahmen der gebotenen Inter­es­sen­ab­wägung überwiegt dann der Schutz dieser Verbraucher nicht das Interesse der Antrags­geg­nerin, mit der Verwendung des TM-Symbols wahrheits­gemäß auf das laufende Antrags­ver­fahren vor dem Markenamt hinzu­weisen und damit den Rechts­verkehr und insbe­sondere Konkur­renten vor einer Verwendung des Slogans zu warnen. Es bleibt dann dem Rechts­verkehr und den Konkur­renten überlassen, eigen­ständig das Risiko zu beurteilen, ob der Antrag auf Eintragung der Marke (mit einem Schutz­umfang, wie ihn der Zusam­menhang aus der Verwendung des TM-Symbols durch die Antrags­geg­nerin nahe legt) Erfolg haben und der Verwender dann sogleich marken­rechtlich in Anspruch genommen werden kann.

II. Die Neben­ent­schei­dungen zu den Kosten und zur Wertfest­setzung beruhen auf § 97 Abs. 1, § 3 ZPO.